Custom Made
Extra für Pferd und Reiter meint, jeder Schritt bei der Herstellung des Sattels ist das Ergebnis des Notwendigen (Passform), Machbaren (Handwerkstradition) und Wünschenswerten (Individualität). Die wichtigsten Bausteine sind an dieser Stelle ausführlich erklärt.
Saddle Tree
Ben Swanke, Sohn Caleb und K.T. Monson fertigen in Billings, Montana, auf der Basis der erhobenen Messergebnisse das „Herz“ eines jeden Backyard-Sattels. “Unsere Methode ist alt und traditionell, aber noch immer die beste Lösung”. Ben Swanke gewährt auf seine Sattelbäume bei “artgerechtem Einsatz” eine Garantie von sechs Jahren.
Material
Nur die besten Rohmaterialien finden Gnade: Laminierte baltische Birke, stabverleimte Yellow Poplar und Cottonwood in Tischlerqualität sind die Ausgangsmaterialien für die Konstruktion von Fork, Bars und Cantle. „Es ist schier unmöglich“, sagt Ben, „ ein fehlerlos gewachsenes Stück Naturholz zu finden, das groß genug wäre, um die nötigen Einzelteile zu fertigen. Außerdem neigt verleimtes Holz weit weniger dazu sich zu verziehen, zu verdrehen oder unter Belastung zu zerbrechen”. Willkommene Begleiterscheinung bei der Verwendung dieser Fast-Harthölzer ist die im Vergleich zum sonst üblichen Weichholz deutlich reduzierte Materialstärke, die den Reiter näher ans Pferd bringt.
Bullhide
Bezogen werden die Bäume - abhängig vom Einsatz des Sattels - mit vier-, fünf- oder sechs Millimeter starker, grüner Bullhaut, die nach dem Häuten der Rinder tiefgefroren geliefert wird. “Nur das erste und einmalige Trocknen der rohen Haut verleiht dem Baum die erwünschte Festigkeit und Restelastizität”, sagt K.T. Monson. Nach dem Trocknen werden die Sattelbäume mit Schellack lackiert, um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern.
Leather
Es macht, was die Kuh zu Lebzeiten getan hat; will heißen, dass die Haut hier dicker, dort dünner, mal fester, mal geschmeidiger ist. Diese Eigenschaften bestimmen den Verwendungszweck am Sattel. In der Backyard-Saddlery werden pro Sattel drei halbe Häute benötigt. Eine Linke für alles was links, eine Rechte für alles was am Sattel einmal rechts zu finden ist. Aus dem besten und homogensten Part der dritten Haut wird das Sitzleder geschnitten, das der stärksten Beanspruchung im späteren Gebrauch standhalten muss. Das Leder liefert Hermann Oak, die renommierteste Gerberei der Vereinigten Staaten mit Sitz in St.Louis, Missouri. Es werden allein Grade „A“- summerhides verarbeitet. Die natürliche Farbe ist das Resultat einer vegetabilen Gerbung. Patina und Charakter wird das Leder später dann durch qualifzierte Pflege und unter dem Einfluss von Nutzung und Witterung annehmen.
Hardware
„Harte Ware“ meint alles, was am Sattel metallisch silbern oder golden glänzt: Flat-plates, Buckles, O- und D- Rings - die Dinge aus Edelstahl oder Mangan-Bronze eben, die der Reiter braucht, um etwas daran festzumachen. Alles, was sich dem Auge des Betrachters unter dem Leder entzieht, ist im Hinblick auf Langlebigkeit und Funktion mit nicht weniger Bedacht gewählt: jede Schraube, jeder Nagel "Inox"; Nägel aus Holz, dort wo es der Nutzen gebietet.
Groundseat
Der Grundsitz bestimmt maßgeblich den Sitzkomfort. Form und Geometrie sind so ausgelegt, dass sie das Bemühen des Reiters unterstützen, nicht hinter der Bewegung des Pferdes zurückzubleiben. Dies ermöglicht ein gelöstes, ermüdungsfreies und sicheres Sitzen. Standard ist in der Backyard-Saddlery deshalb der sogenannte “Center-seat”. Er erlaubt es dem Reiter, die Lage seines Schwerpunktes mit dem des Pferdes zu synchronisieren oder ihn dorthin zu verlagern, wo er ihn entsprechend der Gangart, der Geländebeschaffenheit oder des Manövers gerne haben möchte. Der Aufbau des Grundsitzes, auch im Hinblick auf die anatomischen Phänomene bei Frauen und Männern, geschieht in einem Leder-Sandwich-Verfahren auf der Basis von Strainerplates, extrem schlank geschnittenen und modellierten Formblechen, die weit mehr leisten, als nur den Spalt zwischen den Bars zu füllen. In der Backyard Saddlery ist es zudem Gepflogenheit, dass die Kunden "ihren" Groundseat zur Feinabstimmung Probe sitzen.
Fender & Stirrrups
Das leidige Thema: für gewöhnlich irgendwann links zu lang, von vornherein zu kurz, aber selten lang genug. In der Backyard-Saddlery bestimmt allein die Beinlänge des Reiters die Maße für Steigbügel-Leder und Fender-Body. Damit sich durch das verbreitete Aufsteigen von links nichts in die Länge zieht, werden Fender und Riemen feucht auf einen Stretcher gespannt, der nicht nur die Steigbügel-Achsen dauerhaft quer zur Fahrtrichtung ausdreht, sondern in einem mehrtägigen Dehnungs- und Trocknungsprozess auch das letzte Quentchen Reck aus dem Leder nimmt. Als Verschlüsse finden entweder die gängigen „Blevin-Buckles“ oder einteilige „Fast-Buckles“ Verwendung.
Aus Nampa in Idaho kommen schließlich Bell-Bottom oder Moran-Steigbügel - zur Hardware des Sattels passend - beschlagen mit hochglanzpoliertem Edelstahl-, Messing- oder Kupferblech. Diese Schönheiten enstehen unter den Händen von Trina Weber, die den gekonnten Umgang mit Metall von ihrem Vater, Elmer Miller, Bit & Spurmaker, gelernt hat und auf ihre Weise eine Familientradition weiterführt.
Rigging
Darunter versteht man jene, häufig unterschätzte Konstruktion, die es erlaubt, den Sattel auf dem Pferderücken verlässlich zu fixieren. Zu den gängigen Designs zählen das von Ropern bevorzugte Double-D-Rigging oder das verbreitete Dropped-O-Rigging, welches im Gegensatz zu seinem erstgenannten nahen Verwandten mehr Fender-Swing zulässt.
Den Vorzug genießt in der Gebrauchsreiterei aber das Flatplate-Rigging. Die Hardware wird dabei zwischen zwei Lederlagen gebettet, verklebt und vernäht. Als einteiliges Bauwerk ist es formstabil und langlebig. Inskirt-Riggings, jene Lösungen, die sich der Skirts als Fixpunkt für die Aufhängung des Bauchgurts bedienen, gelten unter Sattelmachern nur dann als haltbar und sicher, wenn hoher konstruktiver Aufwand betrieben und der Baum als tragendes Element mit einbezogen wird. Das Flatplate Rigging gibt es auf Wunsch auch mit einem Dyneema-Reinforcement, jenem High-Tech-Material, das den Segeln der Hochsee-Regattayachten an ihren Stresspunkten enorme Festigkeit verleiht.
Decoration
Letzlich ist es eine Geschmacksfrage; alles kann gefallen: keine Punzierung, die der Schönheit des Naturproduktes Leder Referenz erweist, ob man sich nun für die lebendige und robustere "Fleischseite" oder die elegantere, glatte "Haarseite" entscheidet, oder für eine Kombination aus beidem, ein einfaches oder florales Bordertooling, ein flächiges geometrisches Muster, Blumenfelder - ja, wenn Bill Woodruff, Don King, Barry King, Ellis Barnes oder Don Butler die Punziereisen gemacht haben, die tiefe, klare, einmalige und unverwechselbare Eindrücke hinterlassen. Ein gefügeltes Wort im Westen sagt: "Better the silver on the horse than on the rider". Wem dieser Gedanke gefällt, für den fertigen auf Wunsch ausgewählte Kunsthandwerker den silbernen Zierrat.